Bereits zu Studienzeiten taucht das Torten- Motiv in ihren Werken auf. Und damit ein formales Interesse an einer Kunst des Schichtens und Mustererkennens. Dabei konkretisiert Eilergerhard ihr Faible fürs detailverliebte Sammeln zum überbordenden Bild: Auf reich verzierten Blumenstoffen setzt sie seinerzeit Schwarzwälder Kirsch-Torten haushoch in Szene. Verfolgt die Idee der Serie, spielt mit der Reizüberflutung des Betrachters. Humor markiert dabei einen wichtigen konzeptionellen Aspekt. Ihr künstlerisches Credo lautet: „Eine Torte mit Sahnehaube ist ein Stück Himmel auf Erden“.
Satte Ausdruckskraft der Formgefüge Eilergerhards Objekte führen ein eigenwilliges Leben. Sie kreisen, schwanken und winden sich. Auch die Werkreihe der WIRBELWINDE . Auf Scheiben bauen sich jene voluminösen Körper auf. Oder in anderen Serien an einem Gerüst aus Kugeln. Eine Daseins-Chiffre, die erkannt sein will: Als präzise formulierter und formierter Mikrokosmos der wiederholten Grundformen. Und als darauf ins Bombastische und Barocke wachsender Makrokosmos der Gestaltfindung. So ergießen sie sich als QUELNYMPHE (2013) in den Raum oder markieren schlicht als Sanitärkeramiken pointierte Portionen HIMEL AUF ERDEN (2008).
Weil die Künstlerin Vertrautes verfremdet. Alltags-Kontexte „ver-rückt“ und einer vielfachen Doppelbödigkeit überführt. Dabei liefert Inspiration, Magazin und Showroom: der Kunst- Raum „Küche“.Silikon: Zaubermittel und Dechiffrierungscode Eilergerhards KITCHENPLASTICS (Überbegriff aller Arbeiten) drehen sich sinnfällig um das tänzerische Gleichgewicht von Volumen und Masse. Und türmen sich oft zu einem fragilen Balanceakt auf. Durch das Einsetzen von Silikon, als einem von der Schönheitschirurgie favorisierten Material stilisiert die Künstlerin den Werkstoff zum eigenwilligen Ausdruckträger. So kreisen alle Werke um das Thema „Schönheit“. Und somit um das pralle Leben. Lust, Liebe und Luxus. Aber auch um Maßlosigkeit und Täuschung. Scheinbar mühelos meistert die Künstlerin dabei den aufwändigen Gleichgewichtsprozess von Umkippen-Wollen und Gegensteuerung ihrer üppig dekorierten Formgefüge.
Die Funktionalisierung der Titel Spannend: Eilergerhards Titelgebungen stilisieren die an sich abstrakten Objekte zur Figur. Erschaffen einzigartige Persönlichkeiten. Mit individuellen Botschaften. Die Werkreihe der ANNAS spielt auf das ursprünglich Weibliche an. Alle Objekte kokettieren mit der Verniedlichung des Namens ANNA, die „Liebreizende“. Dabei spiegelt immer, gleich ob bei ANTINA oder ANNEKE, die tägliche Verschönerungsprozedur des weiblichen Geschlechts Eilergerhards eigenen Werkprozess der wiederholten Stapelarbeit und schnörkelhaften Kunst.
Alle KITCHENPLASTICS animieren zum Geschichtenentdecken. Auch die vollbusige LOLA oder die vollschlanke LETIZIA. Es ist die Oberfläche, die verführt. Die immer noch eins draufgesetzt bekommt und draufsetzt. Und nie in Oberflächlichkeit erstarren darf. „Sonst bleibt alles Kindergeburtstag“ (Anke Eilergerhard). Sinn und Sinnlichkeit verborgen hinter einer schwungvollen Vielschichtigkeit und enormen haptischen Qualität.
Silicone: Elixir and Decoding Key Eilergerhard’s KITCHENPLASTICS (general term for all of her works) illuminatingly revolve around the dancing balance of volumes and mass. And they often pile up into a fragile balancing act. Through the use of silicone, a material favored by cosmetic surgeons, the artist stylizes her working material into an independent vehicle of expression. Thus, all of her works rotate around the theme of “beauty” and, thus, around a life of abundance: lust, love, and luxury, but also exorbitance and deception. Seemingly without effort, the artist masters the demanding process of balancing her luxuriantly decorated composite forms’ tendency to capsize with its counteraction. The Functionalization of the Title Fascinating: The titles chosen by Eilergerhard stylize the objects, which are abstract in themselves, into figures. They create unique personalities—with individual messages. The series of the “ANNAS” plays on the primal feminine. All of the objects coquettishly toy with diminutive forms of the name ANNA, the “gracious”. Whether in the case of ANTINA or ANNEKE, Eilergerhard’s own working process of repeated piling up and her embellished art simultaneously reflect the daily beautification procedure of the female sex.
All of the KITCHENPLASTICS—including the big-breasted LOLA or the curvy LETIZIA—animate us to discover stories. It is the surface that seduces, that repeatedly is taken one step further and goes one step further, and is never permitted to become set in superficiality. “Otherwise everything ends up like a kid’s birthday party” (Anke Eilergerhard). Sense and sensibility are hidden behind an animated complexity and an extreme haptic quality. TEXT: Dr. Melanie Klier TR ANSLATION: Michael Wetzel
Comments are closed.